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Martin Andreas Walser

Ich tue nicht nichts, wenn ich mich dem Nichtstun hingebe

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Daran habe ich immer wieder zu arbeiten: zu vermeiden, dass sich sogleich das schlechte Gewissen meldet, ertappe ich mich beim Nichtstun. »Heute habe ich nichts getan«, stelle ich mitunter am Abend fest und ärgere mich manchmal (ein wenig). Was falsch ist, denn das Nichtstun ist äusserst wertvoll. Während des »Nichtstuns« habe ich mich beispielsweise erholt. Das Gehirn hat sich von Ballast befreit. Noch nicht wahrnehmbar, wurde eventuell tief in meinem Inneren etwas geboren, was nur im Ruhen, im möglichst umfassenden Ignorieren dessen entstehen konnte, was landläufig als »Tun« gilt. Doch wir tun uns schwer damit, »nichts« zu tun, es zuzugeben und uns dessen nicht zu schämen, sondern im Gegenteil: das Nichtstun als wichtiges Element unseres Lebens zu begreifen und entsprechend zu geniessen. Denn wir haben gelernt: wer nichts tut, der ist faul. Wer nicht jeden Abend Resultate präsentieren kann (sich selber, der Umwelt), ist ein Faulenzer, einer, der sich der täglichen Pflicht entzieht (die nun einmal, behaupten jene, die das Nichtstun kopfschüttelnd als verwerflich abtun, darin bestehe, jederzeit etwas zu tun), jemand, »der uns und sich selber nicht weiterbringt.«

Wo kämen wir denn hin, monieren jene, täten alle einfach einmal nichts?

Vermutlich weiter, als wir gekommen sind mit all unserem Tun, das oftmals in Aktionismus mündet, einem Tun, das vielfach von einer Hektik geprägt ist, die wir uns oft, zumindest in Teilen, selber verschreiben.

Denn »Nichtstun« schliesst Denken ein. »Heute habe ich nichts getan«, ist nicht gleichzusetzen mit »heute habe ich nichts gedacht.« Übrigens: Man kann zwar durchaus »nichts tun«, aber nicht denken: das funktioniert nicht. Und: gerade in den Phasen des Nichtstuns entfaltet sich das Denken besonders dankbar und prächtig.

Und mehr denken, statt bloss tun – das allerdings würde uns fürwahr weiterbringen.

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