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Martin Andreas Walser

Jede Geschichte hat ihre eigene Geschichte

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Jeder meiner Geschichten könnte ich eine Geschichte zu deren Entstehung beifügen. Jede hat ihren eigenen Ursprung, jede nahm ihre eigene Entwicklung, zu jeder existiert eine eigene Leidensgeschichte, jede hat Schmerzen verursacht, jede aber auch viel Freude. Und jede hielt Überraschungen bereit.

Bei der Arbeit an meinem nächsten Buch hat sich schnell herausgestellt, dass diese Geschichte sich nicht in der eigentlich ins Auge gefassten Kürze erzählen liesse. Zwischendurch verzweifelte ich beinahe: es wollte und wollte nicht weitergehen, zu jedem Gedanken, den ich anstellte, gesellten sich mehrere neue. Schon rund ein halbes Dutzend angefangener Texte hatte ich in diesem Jahr verworfen oder vorläufig zurückgestellt, weil die Geschichten nicht reif schienen, erzählt zu werden; sollte dies erneut geschehen?

Mittlerweile, die Skizzen zu einem ersten, einem relativ knappen Kapitel sind zu einem umfangreicheren ersten Teil angewachsen, bin ich mir fast zu einhundert Prozent sicher: das wird!

Ein gutes Gefühl, zumal sich die endgültige Form und der definitive Inhalt in meinem Kopf immer klarer abzeichnen. Dreiteilig soll sie werden: zwei Flügel, ein Mittelteil, ähnlich einer dieser alten Waschkommoden mit einem Spiegel in der Mitte und zwei, das Bild in mir sagt: aufklappbaren, Seitenteilen. Inwieweit mein Mittelteil geeignet sein wird, dem Leser als Spiegel entgegenzutreten, muss sich erst noch weisen, doch viele inhaltliche Fragen, die mich sehr stark beschäftigt haben, konnte ich mittlerweile beantworten.

Der erste Teil liegt nun beinahe fertig vor, der Mittelteil ist zu einem schönen Teil, mässig ausformuliert zwar, aber immerhin mit einer klaren Entwicklungslinie, geschrieben, der Schlussteil vollendet sich als Idee in meinem Kopf: vor dem Einschlafen, beim Erwachen, während des Schreibens und Überarbeitens des bereits ziemlich Definitiven.

Dass ich zu einem so frühen Zeitpunkt derart zuversichtlich bin, ist anders wie auch schon. Und dass ich einen Teil der verworfenen Texte dieses Jahres, so grundsätzlich anders in der Thematik sie auch schienen, mittlerweile als Entwürfe, als den jeweiligen Zwischenstand meiner Überlegungen zum damaligen Zeitpunkt begreife, freut mich insofern, als mir jene Schreibübungen damit doch nicht als vergebliche Versuche erscheinen, zu einem Ziel zu gelangen.

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