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Martin Andreas Walser

22. September 2020
von Martin Andreas Walser
Keine Kommentare

Die kleine Katastrophe

home_220920Sich aus dem Bürostuhl erheben, hinübergehen ins Wohnzimmer, fünfzehn, vielleicht zwanzig, höchstens aber dreissig Minuten auf dem Sofa liegen, ruhelos innerlich, äusserlich sich zu absoluter Bewegungslosigkeit zwingend, es würde vorbeigehen, es würde sich alles ganz gewiss ergeben: immer wieder in sich hineingesagt, hinüberwechseln in die Küche, Kaffee per Knopfdruck, Fenster öffnen, Zigarette anzünden und ins Freie rauchen, zurück ins Arbeitszimmer, sich wieder hinsetzen, den Bildschirm, die leere Seite, die man geöffnet hat, anstieren, als ob sich da, ohne dass man etwas unternähme, plötzlich Buchstaben, Wörter, Sätze formulieren würden, wenig später alles von vorn: Wohnzimmer, Küche, zurück auf den Bürostuhl, zwischendurch höchstens ein kurzer Gang zur Toilette oder ins Schlafzimmer, die Decke zurückgestreichelt, damit mehr Zeit verginge als beim blossen Zurückwerfen, das Betttuch flachgestrichen, die Kissen aufgeschüttelt, ein weiterer der unzähligen Blicke auf das Zifferblatt der Armbanduhr: kaum viel mehr als eine Stunde vergangen. Zur Nutzlosigkeit verdammt, weil der Kopf nicht will und das Hinausgehen schwerfällt.

Draussen, irgendwo, irgendwann, immer einmal wieder, wird demonstriert «für die Freiheit», es werden unsägliche Vergleiche gezogen zur düstersten, immer noch jüngeren Vergangenheit, es wird lamentiert und gejammert, angeklagt und gedroht, es werden jene Wahrheiten skandiert oder mit aller Schärfe, Beharrlichkeit und Bestimmtheit, von aller Welt einsehbar und nachlesbar, verbreitet, die man als die richtigen, die einzigen bezeichnet, irgendwo werden Grundrechte für Affen eingefordert und Sternchen, diese kleinen, unscheinbaren *, zur Pflicht herbeigeschrieben und herbeiargumentiert und herbeibefohlen, werden Bezeichnungen wegerzwungen, wird getan, als ob dies alles und viel mehr bloss «in Ordnung gebracht» werden müsste, damit es uns allen besser ginge, das Paradies auf Erden greifbar nahe, während andernorts Menschen, ihre Meinungen, Ansichten, Äusserungen, Vorstellungen, Ideen, Proteste, tatsächlich und brutal unterdrückt werden, während andernorts Menschen vertrieben, vergewaltigt, verstümmelt, gefoltert, weggesperrt, erniedrigt, erschossen, gehängt, verscharrt werden, während andernorts Menschen verhungern, während andernorts Bomben auf Unschuldige geworfen und Menschen gezwungen werden, an Kriegen teilzunehmen, die nicht die ihren sind, während Menschen frieren und hungern und in Todesangst leben und all ihrer Hoffnungen nicht nur auf ein besseres Leben, sondern selbst auf das nackte Überleben beraubt werden, wir sehen zu, wie neue Diktaturen entstehen, wie vermeintliche, tatsächliche Grundrechte eliminiert, wie die Umwelt und damit unsere Zukunft zerstört werden. Und dies alles, weil wir keine Zeit finden, uns damit zu befassen, denn wir sind vollkommen ausgelastet mit unserem Streit um kleine Stofffetzen, um Wörter, um *, um was auch immer bis hin zu den Grundrechten für Affen.

Da bleibt auch kein Platz, sich zu fragen, ob zwischen alledem und jenem Lebewesen, das sich nur noch aufzuraffen vermag, um sich vom Bürostuhl auf das Sofa, in die Küche und zurück via Bad oder Schlafzimmer wieder auf den Bürostuhl zu bewegen, eventuell ein Zusammenhang besteht. Zumal jenes Individuum weitestgehend schweigt. Denn diese kleine, diese persönliche Katastrophe könnte von der einen oder einer anderen Seite als «Beweis» vereinnahmt, von diesen oder jenen Kreisen als weinerlich angesichts sprachlicher und anderer Ungerechtigkeiten bezeichnet, als lächerlich – und dies mit einigem Recht – von jenen kritisiert werden, deren Blick auf die tatsächlichen schweren Probleme dieser Welt noch nicht verstellt ist, könnte missverstanden und nicht verstanden werden.

Und damit weiter aufs Sofa.

28. Mai 2020
von Martin Andreas Walser
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Jostein Gaarder: Genau richtig – oder: Du sollst dir kein Bildnis machen

Was diese spezielle Zeit mit mir anstellt (11)

Lieblingsbücher sind ganz spezielle Bücher, nicht zwingend “die wichtigen”, nicht unbedingt jene, die “einen geprägt” haben, Bücher halt, die man noch mehr liebt als die anderen – und mit denen meist eine Geschichte verknüpft ist, eine Erinnerung, die eine bessere Chance hat, wieder wach zu werden in Zeiten wie dieser. Lieblingsbuch 10/10 …

IMG_20200528_085613~2Geht man meine bisher vorgestellten «Lieblingsbücher» durch, mag vielleicht nicht nur mir auffallen, dass das ganz grosse Thema – die «Liebe» – kaum auftaucht. Was wäre die Literatur aber ohne «die Liebe»! Durch alle Jahrhunderte und Epochen, durch helle und dunkle Jahre, die diese Welt erlebt hat, zieht sie sich hindurch, von den grossen klassischen bis hin zu den heutigen Werken. Vielleicht fällt es deshalb so schwer, ein eigentliches «Lieblingsbuch», spontan oder wohlüberlegt, heraus zu zupfen – nicht nur das Angebot ist beinahe «unendlich» (als ob es Unendlichkeit gäbe!), sondern die mögliche Auswahl zieht sich auch bei mir durch alle Regale hindurch.

Mein absolutes «Lieblingsbuch» über die Liebe ist streng genommen kein Buch, sondern ein Eintrag in Max Frischs Tagebuch (1946 – 1949) unter dem Titel «Du sollst dir kein Bildnis machen», ein Leitfaden gewissermassen, der mich ein Leben lang begleitet hat (und den ich mitunter leider vergass): «Eben darin besteht ja die Liebe, das Wunderbare an der Liebe, dass sie uns in der Schwebe des Lebendigen hält, in der Bereitschaft, einem Menschen zu folgen in allen seinen möglichen Entfaltungen (…) Das ist das Erregende, das Abenteuerliche, das eigentlich Spannende, dass wir mit den Menschen, die wir lieben, nicht fertigwerden: weil wir sie lieben; solang wir sie lieben.»

Wenn ich mich schliesslich entschieden habe, aus den immensen Möglichkeiten Jostein Gaarders «Genau richtig» auszuwählen, so deshalb, weil diese Geschichte des norwegischen Autors mich tief bewegt hat – diese kurze Geschichte einer langen Nacht: «Eirin und ich haben einander ernst versprochen, in guten wie in bösen Tagen zusammenzuhalten. Die guten Tage, fast nur gute, liegen hinter uns», bilanziert Albert, der eine schlechte ärztliche Diagnose erhalten hat: «Jetzt kommen die bösen Tage, aber vielleicht können wir auch darin etwas Gutes finden.»

Schöner, finde ich, kann man Hoffnung auf die Kraft der Liebe fast nicht ausdrücken.

Daneben haben sich mir in der jüngeren Vergangenheit einige andere Betrachtungen der Liebe aus unterschiedlichsten Blickwinkeln eingeprägt und mich berührt. Julian Barnes’ «Die einzige Geschichte» zum Beispiel. Oder Tadeusz Dabrowskis «Eine Liebe in New York». Oder, etwas weiter zurück, «Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins» von Milan Kundera: «Soll die Liebe unvergesslich sein, so müssen sich vom ersten Augenblick an Zufälle auf ihr niederlassen wie die Vögel auf den Schultern des Franz von Assisi.» Oder …

Damit ist die Reihe der «10 Lieblingsbücher» zu Ende, die zu benennen ich eingeladen worden bin und zu denen ich stets eine kleine Geschichte zu erzählen mir zusätzlich vorgenommen hatte. Die Liebe an ihr Ende zu stellen, ergibt für mich einen tieferen Sinn: Sie soll weiterwirken in alle Zukunft und müsste eigentlich uns aller Leben bestimmen und alles Handeln überstrahlen. Ich schreibe «müsste», weil der besorgte Blick in die heutige Welt daran zweifeln lässt, ob dieser Wunsch jemals in Erfüllung geht.

26. Mai 2020
von Martin Andreas Walser
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Linda Melvern: The End of the Street – oder: Von gestürzten Monumenten

Was diese spezielle Zeit mit mir anstellt (10)

Lieblingsbücher sind ganz spezielle Bücher, nicht zwingend “die wichtigen”, nicht unbedingt jene, die “einen geprägt” haben, Bücher halt, die man noch mehr liebt als die anderen – und mit denen meist eine Geschichte verknüpft ist, eine Erinnerung, die eine bessere Chance hat, wieder wach zu werden in Zeiten wie dieser. Lieblingsbuch 9/10 …

IMG_20200526_093530~2Früher existierten Monumente, von denen man nie geträumt hätte, sie könnten einst fallen. Eines davon war die Londoner Fleet Street, jene Strasse, in der seit dem 16. Jahrhundert des Druckgewerbe, seit 1702, als hier die erste englische Tageszeitung erschien, das Zeitungsgewerbe zu Hause war. Im zwanzigsten Jahrhundert wurde hier rund um die Uhr gedruckt – die «Times», «Daily Telegraph» und «Daily Express», «The Sun» und andere waren hier zu Hause. Bei meinen frühen Aufenthalten in London erhielt man innerhalb eines gar nicht so langen Rundgangs mitunter denselben Zeitungstitel mit unterschiedlichen, bereits wieder aktualisierten Frontseiten.

Doch in nur rund zwölf Monaten ging 1985/86 die «Fleet Street» unter – «The End of the Street» war gekommen.

Ich habe damals das gleichnamige Buch der englischen Journalistin Linda Melvern, die unter anderem für die «Sunday Times» gearbeitet hatte, gelesen wie einen Krimi. Nach dem Studium des Buchtes blieb ich in der Beurteilung der Vorgänge ziemlich unentschieden zurück: Sollte man Rupert Murdoch verteufeln, der der englische Medienwelt, wie man sie kannte, mit dem Auszug von der Fleet Street nach Wapping in Ost-London quasi den Todesstoss zugefügt hatte, oder war der Bruch mit den starren, festgefahrenen Strukturen mit ihren übermächtigen Gewerkschaften und die Hinwendung zu modernen Produktionsmethoden die einzige Hoffnung, der gedruckten Presse längerfristig das Überleben sichern zu können?

Es war die Zeit, als auch hierzulande die traditionelle Herstellung der Zeitungen zu wanken begann und Computersysteme in den Zeitungshäusern einzuziehen begannen. Bedeutete dies einen neuen Anfang oder wurde das Ende eingeläutet?

Wie auch immer: Wer heute die Medien beurteilen will – als «Lügenpresse», Journalisten, wie es der amtierende Präsident der USA tut, als «Feinde des Volkes», oder vielleicht doch noch als Informationsquelle, als Quelle aber auch, um eigene Standpunkte an den Meinungen anderer zu messen –, der sollte auch die Geschichte und damit die Entwicklung bis zum heutigen Zustand in Betracht ziehen. Mit einem unverstellten Seitenblick auf das eigene Medienverhalten.

Linda Melvern schilderte den Kampf in «The End oft he Street» sehr differenziert und beleuchtet diesen Bruch mit allen Traditionen detailliert und kenntnisreich – ein Werk, das alles enthielt, was das wahre Leben bereithält und trotzdem ein wahrer Teil der englischen und der Mediengeschichte schlechthin ist: Drama, Tragödie, Verschwörung und Farce.

Anders, als ich bislang annahm, habe ich «The End oft the Street» nicht in meinem geliebten London (zum aufgedruckten Preis von 9.95 englischen Pfund), sondern am 27. Februar 1987 zum Brutto-Preis von Fr. 30.60 in Kreuzlingen erworben – in der Buchhandlung, die zum Zeitungshaus gehörte, für das ich damals als Journalist arbeitete. Auf dem Kassenzettel, als Buchzeichen zwischen den Seiten nun wiederentdeckt, ist deshalb ein Mitarbeiterrabatt von 20 Prozent ausgewiesen. Über diese Zeit berichten zu wollen, wäre allerdings mindestens eine Geschichte für sich …

25. Mai 2020
von Martin Andreas Walser
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Ray Bradbury: Fahrenheit 451 – oder: Von den Denkanstössen

Was diese spezielle Zeit mit mir anstellt (9)

Lieblingsbücher sind ganz spezielle Bücher, nicht zwingend “die wichtigen”, nicht unbedingt jene, die “einen geprägt” haben, Bücher halt, die man noch mehr liebt als die anderen – und mit denen meist eine Geschichte verknüpft ist, eine Erinnerung, die eine bessere Chance hat, wieder wach zu werden in Zeiten wie dieser. Lieblingsbuch 8/10 …

IMG_20200525_100436~2Weshalb man dem Buchumschlag meiner Ausgabe von Ray Bradburys «Fahrenheit 451» die Untertitel «Science Fiction» und «Ein utopischer Roman» beigefügt hat, war mir unbegreiflich, meine ich mich zu erinnern (die Gewissheit, sich exakt erinnern zu können, nimmt leider mit zunehmendem Alter ab), weil dergestalt dieses Buch in die Nähe der Fantasie und somit des frei Erfundenen rückt, unbewusst, aber immerhin, sodass man es eventuell liest und sich stets in der trügerischen Gewissheit wiegt, dass nie eintreten wird, nie eintreten kann, wovon hier berichtet wird – und sich beruhigt zurücklehnt: «Das ist ja bloss eine Geschichte.» Und so bleibt die zentrale Frage ungestellt: Ob wir uns nicht längst auf dem Weg befänden hin zu diesem oder einem ähnlichen totalitären System.

Das Verbrennen der Bücher oder besser: das Abbrennen von Häusern, in denen sich noch Bücher befinden, durch die Feuerwehr ist lediglich ein Symbol, das Mittel zum Zweck, die Kulturgeschichte zu tilgen und mit der Vernichtung der Bücher gleichzeitig das Denken zu eliminieren; dahinter steht das System, das viel tiefer greift. So gibt Faber, den der Feuerwehrmann Guy Montag aufsucht, an einer Stelle zu bedenken: «Die Leute haben von selber aufgehört zu lesen. (…) Die Leute haben doch ihr Vergnügen.»

Damit nahm er die Befürchtung von Aldous Huxley («Schöne neue Welt») auf, dass es einst keinen Grund gäbe, ein Buch zu verbieten, weil niemand mehr lesen wolle. Darauf zielt auch eine Passage in Rob Harts «The Store» (2019), einem, in meinen Augen, ansonsten ziemlich mässigen Buch, ab, wo der Held, Paxton, mit der Behauptung konfrontiert wird, gewisse Bücher würden vom grossen, weltbeherrschenden Online-Konzern erst nach Wochen oder überhaupt nicht ausgeliefert: «Das liegt daran, dass wir diese Geschichten nicht mehr lesen sollen.» Paxton findet allerdings heraus, dass der wahre Sachverhalt «viel einfacher» ist: Diese Titel seien zwar lieferbar, würden aber nicht mehr nachgefragt.

Da stellt sich doch die Frage, weshalb dem – allenfalls – so ist, ob es also auch andere als «natürliche» Ursachen gibt, weshalb manches nicht mehr verlangt wird. Neil Postman konstatierte 1985 (in «Wir amüsieren uns zu Tode»), die Vermittlung von Wahrheit, Wissen und Erziehung, wie sie das Fernsehen betreibe, propagiere eine Gesellschaft, welche die Zerstreuung und Oberflächlichkeit der Ernsthaftigkeit vorziehe, Bilder statt Wörter als Argument bevorzuge und das Denken häufig als anstrengend und wenig unterhaltsam empfinde. Da war das Internet noch nicht einmal in Betracht zu ziehen.

Wie sehr wir uns der heutigen Konsum- und Vergnügungsgesellschaft einverleibt haben, liesse sich allenfalls daraus ablesen, welche «Freiheiten» in dieser Krise vorrangig «zurückverlangt», also anscheinend hauptsächlich vermisst werden: Partys, Feste, Reisen, Sportveranstaltungen – das Vergnügen –, und es waren ausserdem tatsächliche oder herbeigeredete und herbeigeschriebene Einschränkungen im Konsum, die breite Kritik fanden – Toilettenpapier oder Gartenerde als Platzhalter. Dazwischen gab es einige weniger laute Stimmen, die sich für die Wiedereröffnung von Buchhandlungen stark machten, während die Sorgen der Kulturschaffenden kaum zu Widerhall führten und mir nicht bewusst ist, einen Protest für die sofortige Wiedereröffnung von Theatern, Opernhäusern, Musiksälen, Museen usw. wahrgenommen zu haben.

Es tut – mir – gut, mich in Zeiten wie dieser in Ruhe, mit Musse, in meinen Bücherregalen umzusehen und frühe Lieblingsbücher wie «Fahrenheit 451» wiederzufinden. Ich entdecke auf diesen derzeit täglichen Entdeckungsreisen gewissermassen das Lesen neu, weniger denn je als Anlass zur Unterhaltung und Zerstreuung, sondern (auch) als Anstoss, über vieles intensiver nachzudenken.

24. Mai 2020
von Martin Andreas Walser
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Plinio Martini: Fest in Rima – oder: Von den Heimaten

Was diese spezielle Zeit mit mir anstellt (8)

Lieblingsbücher sind ganz spezielle Bücher, nicht zwingend “die wichtigen”, nicht unbedingt jene, die “einen geprägt” haben, Bücher halt, die man noch mehr liebt als die anderen – und mit denen meist eine Geschichte verknüpft ist, eine Erinnerung, die eine bessere Chance hat, wieder wach zu werden in Zeiten wie dieser. Lieblingsbuch 7/10 …

IMG_20200524_122511~2Schon der Plural im Titel mag manchen als Provokation erscheinen: Heimat gibt es nur in der Einzahl, sagen sie, du kannst nur eine Heimat haben. Punkt.

Doch was ist sie, diese eine, diese einzig wahre Heimat? Der Geburtsort? Zu ihm hatte und habe ich keine andere Beziehung, ausser dass ich dort zur Welt kam (und viel, viel später, jahrelang dort arbeitete – am Morgen kam, am Abend wegfuhr). Ist Heimat dort, wo man die längste Zeit lebte und lebt? «Du wirst diesen Ort nie als Heimat bezeichnen können», sagte mir mal jemand, nachdem ich schon an die dreissig Jahre hier wohnte, und hielt eine sehr einfache Begründung bereit: «Weil du nicht unseren Dialekt sprichst.» Was mich sehr schmerzte, weil ich mich mit dieser Person sehr gut verstand und ihr Anliegen, den Dialekt und die Geschichte der Dörfer zu bewahren und zugänglich zu machen, so kraftvoll unterstützte, wie es mir möglich war.

Es schmerzte wohl besonders, weil ich glaubte und selbst erlebt zu haben glaube, dass diese Annäherung an den Heimatbegriff eine zutreffende ist: «Heimat ist, wo das Herz zu Hause ist.» Und dass mein Herz sich hier wohl fühlte und fühlt – daran bestand für mich nie der geringste Zweifel.

Wobei sich indessen die Anschlussfrage stellt, ob das Herz nur an einem Ort oder an mehreren zu Hause sein kann.

Ja, kann ich aus eigenem Erfahren und Erleben sagen – womit ich bei den Heimaten angelangt wäre.

Damit meine ich nicht Orte, in denen man auf Ferien- oder anderen Reisen einst einige Tage oder eventuell Wochen verbracht und festgestellt hat, dass man «hier leben könnte», sondern in meinem Fall jene wenigen Orte, in die ich einst gekommen bin und sogleich, in den ersten Minuten und Stunden das Gefühl hatte, ich sei nicht in die Ferne gereist, sondern «nach Hause gekommen».

Vier sind es geworden über die Jahrzehnte, meine Heimatstadt aus der Jugendzeit und meine Heimat hier, wo ich mittlerweile bald fünfzig Jahre wohne und lebe, nicht eingerechnet. Ich bin hingekommen und hatte das Gefühl, der Ort habe mich gewählt und nicht ich ihn. Das Herz fühlte und fühlt sich wohl – dort wie hier.

Heimat hat mir stets abgefordert, mich mit deren Geschichte, der Kultur, den Menschen, den Eigenheiten, den Sorgen und Nöten zu befassen. Dies bedeutete zum Beispiel, als mich dieses Haus im Maggia-Tal zu seinem neuen Bewohner gewählt hat, mich dem Tal und dem Tessin hinzuwenden.

Auf dieser Annäherung bin ich unter anderem auf den Lyriker, Romancier und Erzähler Plinio Martini (1923 bis 1979) aus Cavergno im Maggia-Tal gestossen. Neben seinen Romanen hat mich «Fest in Rima» besonders in seinen Bann gezogen, das Buch, das den Untertitel «Geschichten und Geschichtliches aus den Tessiner Tälern» trägt.

Es ist nicht immer einfach, ein «grosses Herz» zu haben, das sich an verschiedenen Orten wohl fühlt. Weil es blutet, wenn es den Menschen in den Heimaten schlecht geht, und es blutet stärker, wenn man, wie nun in diesem ersten Halbjahr 2020, nicht bei ihnen sein, nicht zu ihnen reisen kann. Und weil es schwer zu erklären ist – zumal man leicht in Verdacht gerät, das Herz sitze nicht am «richtigen Fleck».

Was, ich kann da nur für mich sprechen, keineswegs zutrifft (solange man den “richtigen” nicht mit dem “rechten” Fleck verwechselt).

23. Mai 2020
von Martin Andreas Walser
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Wilhelm Weischedel: Die philosophische Hintertreppe – oder: Von Widersprüchen

Was diese spezielle Zeit mit mir anstellt (7)

Lieblingsbücher sind ganz spezielle Bücher, nicht zwingend “die wichtigen”, nicht unbedingt jene, die “einen geprägt” haben, Bücher halt, die man noch mehr liebt als die anderen – und mit denen meist eine Geschichte verknüpft ist, eine Erinnerung, die eine bessere Chance hat, wieder wach zu werden in Zeiten wie dieser. Lieblingsbuch 6/10 …

IMG_20200523_113910~2Weshalb dieses Buch in der Auswahl meiner «Lieblingsbücher» auftaucht? Noch dazu ein «populärwissenschaftliches». Eben gerade deswegen.

Ich fand und finde, der Versuch darf nicht unterbleiben, den – interessierten – Menschen zu Themen, die schwer(er) zugänglich sind, solche «Hintertreppen» anzubieten. Und eben nicht irgendwelche vorgefertigten Meinungen und Urteile und nicht unlesbar im Sinne wissenschaftlicher Abhandlungen, sondern zwar populär, aber gleichwohl basierend auf einem wissenschaftlichen Hintergrund. Das Denken anregende und das Interesse weckende Bücher, die Lust auf weiteres Entdecken und auf die vertiefte geistige Auseinandersetzung mit wichtigen Fragen machen, erachte ich gerade in der heutigen Zeit als beinahe überlebenswichtig.

Es ist doch merkwürdig oder erschreckend – je nach Sichtweise –, mit wie wenig geistiger Nahrung man sich heutzutage zufrieden zu geben scheint. Hier genügen einige wenige Sätze von, zugegeben gescheiten, Menschen, die berühmten Zitate, und man nickt oder schüttelt den Kopf und geht danach zur Tagesordnung über, dort reicht eine knackige Schlagzeile oder ein Schlagwort, selbst endlos wiederholte Halb- oder Unwahrheiten befriedigen uns, man ist sofort «überzeugt» oder zufrieden, glaubt daran oder lehnt kategorisch ab, ohne sich auch nur einen kurzen Moment die Frage zu stellen, ob stimmt, was da aufgetischt wird, was dahintersteckt oder in welchem Kontext dies oder jenes gesagt oder geschrieben oder gedacht worden ist, kurz: ohne dass man versucht, den Dingen auf den Grund zu gehen.

Wir sind anscheinend sofort bereit, jeden noch so offensichtlichen Unsinn zu glauben (und lehnen gleich darauf jede Art eines – religiös motivierten – Glaubens wortstark ab), wir schreien nach Freiheit (und verlangen zeitgleich «vom Staat» in anderen Bereichen ein «entscheidendes Handeln», sprich: Eingriffe in die Freiheit – aber eben nur in diejenigen «der anderen»). Doch wir verlangen «Freiheit» und vergessen die «Verantwortung». Wir besässen die Freiheit, jederzeit selber Verantwortung zu übernehmen und zu tragen, jeder Verantwortung voran jene für das eigene Handeln. Eigenartigerweise scheint sich der Mensch freier zu fühlen, kann er sich auf den Staat verlassen, der alles für ihn regelt und ihm damit das Denken abnimmt – um sogleich denselben Staat, dessen Teil er notabene ist, zu verteufeln, der «naturgemäss» stets «das Falsche» regelt oder verbietet und untersagt.

Diese Hintertreppe, die zu nehmen mir viel Spass bereitet und manche Einsicht vermittelt hat, ist jedenfalls eine gute Sache, wird man auf diese Weise angeregt, sich auf Gedanken und Ansichten von und die Philosophen selbst einzulassen – und nachzudenken, weiterzuforschen, den grossen Fragen der Menschheit vertieft nachzugehen.

Gar nicht schlecht passend zum oben Ausgeführten, habe ich heute im Aufsatz eines Philosophen gefunden, den ich lange vor meinem Weg «über die Hintertreppe» gelesen habe: «Sind Individualität, persönliche Autonomie, individuelles Handeln veraltet, eher Bremsen als Vehikel des (technischen) Fortschritts?» Sie wurde 1966 (von Herbert Marcuse) gestellt (und weder positiv noch negativ bewertet). Darüber nachzudenken lohnt sich weiterhin.

22. Mai 2020
von Martin Andreas Walser
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Linus Reichlin: Keiths Probleme im Jenseits – oder: Vom möglichen Unwahrscheinlichen

Was diese spezielle Zeit mit mir anstellt (6)

Lieblingsbücher sind ganz spezielle Bücher, nicht zwingend “die wichtigen”, nicht unbedingt jene, die “einen geprägt” haben, Bücher halt, die man noch mehr liebt als die anderen – und mit denen meist eine Geschichte verknüpft ist, eine Erinnerung, die eine bessere Chance hat, wieder wach zu werden in Zeiten wie dieser. Lieblingsbuch 5/10 …

IMG_20200522_081145~2Wer angesichts des Titels die Stirn in Sorgenfalten gelegt und sich trotzdem nicht gleich weggeklickt hat: Nein, hier folgt kein Rechtfertigungsversuch für Verschwörungstheorien. Obwohl es auch dazu einiges zu schreiben gäbe. Einiges hätte mit Fehleinschätzungen zu tun, anderes mit Vertrauensverlust und wieder anderes müsste der Frage gewidmet sein, inwieweit und ob diese «Theorien» von gewissen Kreisen nicht ganz bewusst zur Verunsicherung, als Mittel zur Hetze, zur Destabilisierung eingesetzt werden – womit sich gleichzeitig die Frage stellen müsste, ob dies nicht wiederum der Anfang einer neuen Verschwörungstheorie wäre. Auf jeden Fall kann man, was immer man auch verbreitet, davon ausgehen, dass es geteilt und gelikt und kommentiert wird, also ein breites und immer breiteres Publikum findet. Ein ablehnendes, sich lustig machendes oder befürwortendes, dies ist ziemlich egal: Etwas wird sich immer im Kopf festsetzen. Ein Prinzip, das auch der amtierende beste Präsident der Welt seit Menschengedenken befolgt.

An dieser Stelle geht es jedoch um ein Buch. Man mag sich vielleicht erinnern, dass ich das Skurrile, das Verschrobene, das «um die Ecke Gedachte» mag. Man stelle sich also vor: Keith Richards, der Rolling-Stones-Gitarrist, ist gestorben – und lebt weiter. Nicht in seiner Musik, nein, als Mensch. Was ihm so gar nicht passt, weil er nicht als Mensch in die Geschichte eingehen will, der den Tod überlebt, sondern weil er geniale Musik (mit)geschrieben hat. Doch wie konnte das geschehen? Eben weil das Überleben des eigenen Todes zwar extrem unwahrscheinlich, aber theoretisch dennoch möglich ist, wie Fred Hundt, Spezialist für Wahrscheinlichkeitstheorie, erläutert. Daraus ergibt sich eine irrwitzige Geschichte.

In die Reihe meiner Lieblingsbücher hat es Linus Reichlins «Keiths Probleme im Jenseits» mühelos geschafft, weil die Geschichte nicht nur witzig oder schräg oder «unsinnig» ist, sondern auch gescheit, mit beachtlicher Lockerheit erzählt – und bis zur letzten Zeile stimmig bleibt.

So mag ich Bücher, die mich umwerben, zu einem meiner Lieblingsbücher zu werden.

(Wobei die dazu passende Verschwörungstheorie etwa darauf aufbauen könnte, dass Bücher in der Lage seien, sich ihre Lieblingsleser zu wählen.)

21. Mai 2020
von Martin Andreas Walser
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Agatha Christie und Miss Marple – oder: Die Liebe zu England

Was diese spezielle Zeit mit mir anstellt (5)

Lieblingsbücher sind ganz spezielle Bücher, nicht zwingend “die wichtigen”, nicht unbedingt jene, die “einen geprägt” haben, Bücher halt, die man noch mehr liebt als die anderen – und mit denen meist eine Geschichte verknüpft ist, eine Erinnerung, die eine bessere Chance hat, wieder wach zu werden in Zeiten wie dieser. Lieblingsbuch 4/10 …

IMG_20200521_122840~2Während vieler Jahre habe ich mit Begeisterung Krimis gelesen. Jene von Agatha Christie waren mir die liebsten, sie teilen noch heute ein ganzes Regal mit den Maigret-Krimis von Georges Simenon. Bei Agatha Christie wiederum war mir Miss Marple lieber als Hercule Poirot. Grundsätzlich bevorzugte ich Krimis, bei denen ich mitdenken und mitraten konnte, stets natürlich in der leisen, Mal um Mal enttäuschten Hoffnung, den Täter entlarvt zu haben, bevor dies den Ermittelnden in den Büchern gelang.

Viele weitere Autorinnen und Autoren sind im Verlaufe der Jahrzehnte hinzugekommen. In den letzten Jahren hat mein Interesse jedoch abgenommen. Alle möglichen Mordvarianten schienen mir ausgeschöpft, das Angebot an neuen Titeln ist unübersehbar geworden, das Besondere zu finden, erscheint mir schwieriger denn je. Und vielleicht trägt noch etwas dazu bei, dass ich Krimis zunehmend zu meiden begonnen habe: Die reale Welt ist zu blutig, als dass ich mich so locker und fasziniert wie ehedem auf Mord und Totschlag einlassen will.

Agatha Christie jedoch ist mir erhalten geblieben; sie hat wohl auch mein frühes England-Bild mitgeprägt. Zu dieser kleinen Welt, deren Handlungsorte und Personen, die sie bevölkerten, man sich so herrlich ausmalen konnte – der Vorteil des Buches, das nicht, wie der Film, «fertige Bilder» vorsetzt –, gesellten sich andere Eigenheiten, die man den Briten zuschreibt. Etwa der spezielle Humor, den ich seit jeher liebe. Vor allem beflügelt wurde das Interesse an der Insel indessen durch die Musik, die von dort kam. Die langen und immer längeren Haare wurden zum täglichen Diskussions- und Zank-Punkt, und, auf der Zeitachse, bald einmal wollte bei uns James Schwarzenbach die Schweiz vor der Überfremdung schützen – die Freiheit schien definitiv anderswo zu liegen. Zahlreiche Aufenthalte in England später, sind vor allem Erinnerungen geblieben, viele gute, viele unvergessliche Momente. Das ist wohl auch ein wenig Agatha Christies Verdienst.

20. Mai 2020
von Martin Andreas Walser
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Peter Bichsel: Kindergeschichten – oder: Das Gedächtnis treibt ein seltsames Spiel

Was diese spezielle Zeit mit mir anstellt (4)

Lieblingsbücher sind ganz spezielle Bücher, nicht zwingend “die wichtigen”, nicht unbedingt jene, die “einen geprägt” haben, Bücher halt, die man noch mehr liebt als die anderen – und mit denen meist eine Geschichte verknüpft ist, eine Erinnerung, die eine bessere Chance hat, wieder wach zu werden in Zeiten wie dieser. Lieblingsbuch 3/10 …

IMG_20200520_183421~2Es gibt Lieblingsbücher, an die erinnert man sich erst wieder, wenn man sie erneut vor sich sieht. Dann aber stellt das Gedächtnis ein Stichwort zur Verfügung noch bevor man das Buch aus dem Regal gezogen hat: «Onkel Jodok» lautete es im vorliegenden Fall.

Das Gedächtnis treibt mitunter ein merkwürdiges Spiel mit den Erinnerungen, lässt sie nach Belieben verschwinden und aus dem scheinbaren Nichts wieder auftauchen, lebendig werden, als wäre gestern gewesen, was lange zurückliegt. Wie lange?, fragt man sich sogleich, kann die Frage nicht beantworten, erinnert sich aber gleichzeitig daran, was den schmalen Band, dann halt einfach «damals», zu einem der Lieblingsbücher werden liess: die skurrilen, konsequent zu Ende gedachten Einfälle, erzählt in nüchterner, unaufgeregter Sprache, einfach herrlich. So erfährt man vom Mann, der zwar wusste, dass die Erde rund ist, es aber glauben wollte und deshalb plante, den Erdball zu umrunden: Er würde es erst glauben können, käme er eines Tages von der anderen Seite zum Ausgangspunkt zurück, man erfährt, dass es Amerika vielleicht gar nicht gibt – oder eben: Was es mit Jodok auf sich hat. Man merkt schon: Diese «Kindergeschichten» sind nicht nur Geschichten für Kinder – oder dann: auch für grosse Kinder wie mich. Das Wiederlesen nach so vielen Jahren hat ebenso viel Spass gemacht wie bei der ersten Begegnung.

Stichwort Begegnung: Bevor ich das Buch wieder zurück ins Regal stellte, löste ich die erste Seite aus dem Schutzumschlag, unter der ich sie offenbar fixiert hatte.

Und entdeckte das Autogramm des Autors.

Da war sie wieder, die Erinnerungslücke: Ganz hinten im Buch steht zwar ein Datum, mit Bleistift notiert (15. 12. 70) und der Preis (Fr. 9.40), aber wann und unter welchen Umständen ich zum Autogramm kam: Weg. Einfach weg.

Ja, das Gedächtnis treibt manchmal ein seltsames Spiel mit den Erinnerungen.

19. Mai 2020
von Martin Andreas Walser
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Mark Twain: Tom Sawyer – oder: Das Träumen

Was diese spezielle Zeit mit mir anstellt (3)

Lieblingsbücher sind ganz spezielle Bücher, nicht zwingend “die wichtigen”, nicht unbedingt jene, die “einen geprägt” haben, Bücher halt, die man noch mehr liebt als die anderen – und mit denen meist eine Geschichte verknüpft ist, eine Erinnerung, die eine bessere Chance hat, wieder wach zu werden in Zeiten wie dieser. Lieblingsbuch 2/10 …

IMG_20200519_095045~2 1«Tom Sawyer» und «Die Abenteuer des Huckleberry Finn» waren meine Lieblingsbücher schlechthin in meiner frühen Jugend. Natürlich waren es die Abenteuer und die Streiche, aber auch die ferne, unbekannte Welt – ganz anders als jene von Winnetou und Old Shatterhand –, die eine immense Faszination ausübten. Noch dazu waren die Helden Lausebengel fast «wie du und ich». Wir konnten uns ja nicht schnell im Internet eine Dokumentation über den Mississippi oder wenigstens Fotos ansehen, und Fernsehen gab es zumindest bei uns zu Hause auch noch nicht, also träumte man sich in die Landschaften hinein, roch förmlich den Fluss, die Menschen nahmen reale Gestalt an vor dem inneren Auge …

Ja, hier lernte ich das Träumen, wurde die Fantasie beflügelt.

Die hier abgebildete, diese reich illustrierte war nicht meine Lieblingsausgabe des «Tom Sawyer». Ich hatte das Gefühl, die Illustrationen engten die Vorstellung ein, gaukelten eine Realität und die Gestalt von Personen vor, die in Tat und Wahrheit ganz anders aussähen. Und obendrein misstraute ich dieser «neuen Übersetzung» vielleicht auch deshalb, weil die Schenkende Lehrerin war und das Buch als «jugendgerechte Version» pries.

Also habe ich eventuell an diesem Beispiel auch gesundes Misstrauen gelernt – und die erste Lektion im Recherchieren absolviert, indem ich einige Passagen mit jenen in meinem anderen «Original» verglich.

Nun soll man, wie man lesen konnte, den Text aus dem 19. Jahrhundert der «politisch korrekten» Sprache des 21. Jahrhunderts angepasst haben. Dies ist eigentlich unerhört, weil damit letztlich auch die Geschichte manipuliert wird. Anstand, Respekt und das Überwinden von Rassismus und Diskriminierung sind überdies nicht das Resultat einer «korrekten Sprache», sondern wären eine Aufgabe von Erziehung und Bildung. Und der richtigen Vorbilder. Wozu der derzeitige Präsident im Land, aus dem «Tom Sawyer» stammt, kaum taugt.