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Martin Andreas Walser

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Da stehst du: in den neuen Tag geworfen

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Da stehst du: in den neuen Tag geworfen. Der heutige wird sein wie der gestrige war, wird sein wie der morgige Tag und der Tag danach und der Tag nach jenem danach sein wird. Und du befürchtest: das könnte kein guter Tag werden.

Und du weisst: das sollst du nicht laut sagen.

Weil da gleich jemand ist, der dir sagt: Hör bloss auf zu jammern.

Weil da gleich jemand ist, der dir sagt: anderen Menschen geht es viel schlechter als dir.

Weil da gleich jemand ist, der dir sagt: alles wird gut, Geduld, Geduld.

Weil da gleich jemand ist, der dir sagt: wir helfen dir, was sollen wir einkaufen für dich.

Weil da gleich jemand ist, der dir sagt …

Doch du stehst da, du, der du immer das Loblied auf das Alleinsein gesungen hast, denn du weisst aus Erfahrung, wie wohltuend und besonders wertvoll solche Stunden, solche Tage sind, du, ausgerechnet du spürst nun, wie die Einsamkeit nach dir greift.

Aber du wirst nichts sagen.

Denn da ist gleich jemand, der dir sagt: hör auf zu jammern, anderen Menschen geht es viel schlechter als dir, alles wird gut, wir helfen dir, wir beschützen dich, wir sorgen für dich.

Und du hörst nur: Sei dankbar, sei endlich dankbar.

Das bist du.

Und trotzdem stehst du einfach nur da.

Und schweigst.

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